Montag, 11. November 2013

Coaching - Konfliktlösung 4 - Das Dartspiel

Das ist der vierte Teil des Online-Seminars über Konfliktlösung. Das gesamte Seminar wird nach und nach hier aufgelistet. 
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Zur Konfliktlösung gehört die Zielfestsetzung.

Was willst Du eigentlich erreichen?

Manchmal ist das einfacher gefragt, als geantwortet!
Wer in einem emotional sehr aufgeheizten Konflikt gefangen ist, will vielleicht einfach nur "Ruhe" und "Frieden".
Manch anderer wünscht sich, "es dem anderen heimzahlen zu können".

Es kann also Festsetzungen geben, die emotional verständlich sind.
Aber ob sie den Konflikt lösen, ist eher unwahrscheinlich.

Es genügen auch nicht so allgemeine Ziele wie:
"Ich will den Konflikt lösen".

So gut dieses Ziel ist, so ist das noch einen Schritt zu kurz gedacht.

Es ist wie beim Dart-Spielen: Wer einfach nur mit den Dart-Pfeilen spielen will, ohne auch die Zielscheibe zu treffen, der wird nie ein Spiel gewinnen. Zumindest dürfte das sehr unwahrscheinlich sein.
Du musst ein Ziel festsetzen, um beim Darten zu gewinnen. Dafür musst Du die Regeln des Spiels kennen. Gegen wieviel Leute spielst Du? Ist Geld im Einsatz? All diese Faktoren beeinflussen die Zielformulierung.


Um ein passables Ziel im Rahmen einer Konfliktlösung für sich zu erarbeiten, kann das SMART-Modell helfen (s.a. hier bei Wikipedia).
Demnach sollte das Ziel
- spezifisch
- messbar
- attraktiv
- realistisch
- terminierbar sein.




Ich möchte das anhand eines Konflikts deutlich machen.
Stelle Dir vor, Dein Vorgesetzter verlangt immer wieder Überstunden von Dir. Er erwartet dies ganz selbstverständlich. Es gibt keine Anerkennung dafür. "Jeder muss hier Opfer bringen", ist einer seiner Sprüche.
Dich regt das mit der Zeit auf. Es entsteht ein Konflikt für Dich. Einerseits bist Du bereit, auch mal Überstunden zu machen. Andererseits stört Dich die gesamte Art und Weise. Du magst Deine Arbeit, aber Du willst Dich nicht ausbeuten lassen.

Um diesen Konflikt anzugehen, solltest Du Dir ein Ziel anhand des SMART-Modells setzen. Es könnte z.B. so aussehen:
- Spezifisch: "Ich will ab der vierten Überstunde pro Woche Geld haben oder einen Freizeitausgleich haben."
- Messbar: "Ich will ab der vierten Überstunde pro Überstunde einen normalen Stundenlohn bekommen bzw. ich will, dass ab der vierten Überstunde eine Stunde Freizeitausgleich pro Überstunde. Dafür notiere ich mir ab morgen jede Überstunde und den Anlass. Nach einer Woche will ich meinen Vorgesetzten darauf ansprechen."
- Realistisch: In diesem Beispiel gehe ich von der Realisierbarkeit aus. Dabei setze ich voraus, dass das Unternehmen liquide ist, es andere Mitarbeiter gibt, die den Freizeitausgleich auffangen können und der Vorgesetzte nach einer Woche wirklich zu sprechen sein wird.
- Terminierbar: "Ich will dem Chef bitten, mir nach einer Woche eine verbindliche Antwort zu geben. Das sollte bis zum 11.12.2013 geschehen sein."

Dieses Beispiel hätte auch anders aussehen können. Vielleicht will der Angestellte keine Überstunden machen. Oder er will einfach nur mehr Lob bekommen. Oder er möchte sich damit den Schritt auf der Karriereleiter ermöglichen. Entsprechend anders müssten die Zielformulierungen lauten.

Das SMART-Modell passt nicht 1:1 für jeden Konflikt.
Es gibt innere Konflikte, die nicht so einfach terminiert oder realisiert werden können. Wer z.B. süchtig ist und deshalb auch mit sich immer wieder im Konflikt steht, dem dürfte es verständlicherweise schwer fallen, das Suchtende auf ein bestimmtes Datum zu schieben. Hier müssten andere Ziele gefunden werden, wie z.B. bis wann man eine Selbsthilfegruppe oder einen Therapeuten aufgesucht haben will.

Die Zielfestsetzung im Konfliktfall ist wichtig, um eine Lösung zu finden.
Wer kein Ziel hat, dem kann es eigentlich egal sein, ob es den Konflikt gibt oder nicht. Dann aber besteht womöglich kein Konflikt.
Eine Zielformulierung stärkt auch die eigene Position im Konfliktfall. So kann man wesentlich besser in den Konflikt gehen und ihn dann hoffentlich bald hinter sich lassen.

Nur, wer mit dem Dart-Pfeil wirklich die Punkte holen will, hat eine Chance, zu gewinnen.

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Bildquelle: http://www.sxc.hu/photo/773209 by Vincitrice (lizenzfrei)





Dienstag, 5. November 2013

Coaching - Konfliktlösung 3 - Das Verankern

Das ist der dritte Teil des Online-Seminars über Konfliktlösung. Das gesamte Seminar wird nach und nach hier aufgelistet.

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Einen Konflikt zu bewältigen, ist eine höchst persönliche Geschichte.
Die unterschiedlichen Charaktertypen treten in Konflikten deutlicher hervor.
Eher dominante Personen können sich durchboxen und können einen Streit vielleicht schneller abhaken. Eher sensible Personen können oft wochenlang unter einem Konflikt leiden und fühlen sich schneller gelähmt.

Welcher Charakter für die Konfliktbewältigung besser oder schlechter ist, kann nicht wirklich gesagt werden. Um das zu können, müssten wir sämtliche Folgen eines Konflikts erkennen können und bräuchten zudem eine absolut gültige Wertebasis, um dann in "richtig" oder "falsch" bzw. "besser" oder "schlechter" einteilen zu können.

Was wir aber durchaus beurteilen können, ist, ob ein Konflikt konstruktiv angegangen wird oder ob sogar noch heftigere Konflikte durch unser Verhalten produziert werden.

Deshalb ist das "Verankern" für die Konfliktlösung relevant.

Das Verankern hat mindestens diese zwei Aspekte:

1. Die Sachebene
2. Die emotionale Ebene.





Beim "Verankern" geht es darum, auf diesen Ebenen einen festeren Stand zu entwickeln. Dieser festere Stand ist nötig, um durch den Konflikt zu kommen. Aber nicht nur das: Das "Verankern" soll dazu dienen, einen Konflikt wirklich zu lösen und nicht nur zu verschieben oder weitere Konflikte anzuheizen.

1. Sachebene
Um sich auf der Sachebene zu verankern, kann diese Übung gemacht werden:

Liste die Pro- und Contrapunkte auf!
Das wird natürlich ganz unterschiedlich aussehen, je nachdem, um was für einen Konflikt es sich handelt.
Z.B.:
Der Manager weiß nicht, ob er wirklich für die Entlassung von 100 Mitarbeitern sorgen soll. Das ist ein Konflikt für ihn. Und - ohne Frage: es ist ein Konflikt für die 100 Mitarbeiter!
Damit sich der Manager auf der Sachebene verankern kann, listet er nun alle Punkte auf, die für und gegen eine Entlassung sprechen.
Dabei kann er Punkte nennen, die ihn selbst als Menschen betreffen ("Ich werde mich schämen" oder "Endlich habe ich mal durchgegriffen") und ebenso Punkte nennen, die die Firma betreffen und die Mitarbeiter, die Kunden, seine Familie usw.
Manche dieser Punkte werden eine garantierte Folge seiner Entscheidung sein. Andere Punkte werden mehr seinen Vermutungen entsprechen.

Dennoch sollte zuerst alles "auf den Tisch gepackt" werden.
Die Wichtigkeit der Punkte können später noch gefiltert werden.

Genauso können Pro- und Contrapunkte für andere Konflikte aufgelistet werden:

- Streit mit der Schwiegermutter wegen einer dummen Bemerkung: Was spricht dafür, auf seinem Recht zu beharren? Was spricht dagegen?
- Nicht zu wissen, was man mit seinem Leben anfangen soll: Was spricht dafür, in dem Zustand des Abwartens zu bleiben? Was spricht dagegen?

- Man schafft es nicht, endlich diese 10 Kilo abzunehmen: Was spricht für das Abnehmen? Was spricht dagegen?

Das Sammeln von Pro- und Contrapunkten führt dazu, dass man eine bessere Übersicht gewinnt. Es ähnelt einer Standortbestimmung. Und wer weiß, wo er steht, der kann wesentlich besser die Route festlegen!
Diese Standortbestimmung funktioniert dann eben wie eine Verankerung.
Man findet Stabilität, ohne festzukleben.



2. Emotionale Ebene
Dann sollte man sich ggf. auf der emotionalen Ebene verankern.
Wenn Konflikte auftauchen, dann ist kaum jemand emotional unberührt. Irgendwas löst ein Konflikt immer aus: Das Gefühl vom Gestresstsein, von Ablehnung, von Angst, von Ausgelaugtsein...
Ich habe bisher noch niemanden kennengelernt, der sich über Konflikte freut.
Konflikte bedeuten in der Regel das: seelische Last.

Das Vertrackte daran ist, dass die Emotionen hochkochen können, obwohl der Konflikt in sachlicher Hinsicht eher mickrig ist. Die Emotionen können urplötzlich durchbrechen. Sie können schon am frühen Morgen den Rest des Tages verderben. Und selbst, wenn der Konflikt fast gelöst ist, können einem diese Emotionen den Erfolg noch madig machen. Emotionen folgen keinen logischen Prinzipien.


Ich möchte an dieser Stelle verschiedene Methoden darstellen, um sich emotional zu verankern. D.h.: Es geht darum, einen emotional stabileren Halt zu finden. Die Emotionen können trotzdem immer wieder aufkommen. Aber mit diesen Methoden kann man lernen, in einen Konflikt emotional ruhiger hineinzugehen.

- Filterfreies Schreiben:
Schreibe unzensiert das auf, was Du denkst und empfindest.

Es geht nicht darum, dass Du besonders brav schreiben sollst. Wenn es in Dir kocht, dann schreibe das auf! Es geht nicht darum, dass Du Lösungen erarbeitest - das kommt später: nenne alles, was Dich wirklich stört, was Dich nervt, was Dich verletzt.
Es geht nicht um die Richtigkeit. Es geht darum, was Du empfindest.
Dieses Schreiben ist natürlich nur für Dich selbst gedacht. :-)

- Gutes wünschen:
Wünsche Deinem Kontrahenten Gutes!
Das ist eine Weisung Jesu. Er sagte, dass wir die segnen sollen, die uns Böses antun wollen. Das ist ein Schritt, der gegen unser Gerechtigkeitsempfinden geht. Aber wer diesen Schritt befolgt, der kann Folgendes beobachten:

die eigene seelische Last wird geringer oder verschwindet sogar.
Dieser Prozess kann an einem Tag abgeschlossen sein. Er kann aber auch Wochen dauern. Das hängt vom Grad der emotionalen Belastung ab.
Auch hier geht es nicht darum, ob der andere Recht oder Unrecht hat. Es geht darum, einen emotional stabilen Punkt zu finden und einen Konflikt nicht weiter anzuheizen.
Manchmal haben wir es nicht mit einem menschlichen Kontrahenten zu tun.
Manchmal sind es Konflikte in uns selbst. Oder eben Schwierigkeiten des Lebens.
Da diese Konflikte unpersönlicher Natur sind, können sie nicht direkt gesegnet werden. Aber dann kann das hier helfen:

- Danken!
Auch das klingt zuerst abstrus: Wir sollen für eine Schwierigkeit danken?
Ich halte nicht viel davon, für Probleme und Konflikte dankbar zu sein.

Denn Konflikte sind immer belastend. Da empfinde ich keine Dankbarkeit.
Aber: 
Ich kann für das danken, was ich durch diesen Konflikt lernen kann!
Ich kann dafür danken, dass mich das Problem weiterbringen kann!
Ich kann für das Gute danken, was durch die Herausforderung geboren wird!
Ein Beispiel:
Ich hatte Streit mit jemanden. Damit komme ich nur schwer zurecht.

Doch es war klar, dass ein klärendes Gespräch zu folgen hat. Das kostet mich Überwindung. In diesem Gespräch konnte ich auf der Sachebene keinen Konsens erzielen. Ein gewisser Konflikt blieb also. Aber ich konnte der anderen Person wertschätzend begegnen. Auch, wenn wir in der Sache unterschiedlich sind, so kann ich den anderen dennoch akzeptieren und sogar herzlich grüßen.
Dadurch ist unser Verhältnis ehrlicher geworden. Die Beziehung hat an Tiefe gewonnen. Das wäre kaum passiert, wenn wir nur die Sonnenseiten des Lebens erfahren hätten. Erst durch den Konflikt gab es die Chance, sich besser zu verstehen.
Dafür ist Dankbarkeit angesagt!

- Rede mit einem - möglichst unbeteiligten - Dritten über Deinen Konflikt.
Manche Dinge müssen mal ausgesprochen werden.
Als Menschen funktionieren wir so, dass das Aussprechen eine machtvolle Wirkung hat. Das Aussprechen kann zerstörerisch sein. Das Aussprechen kann aber auch heilsam sein. Um einen heilsamen Rahmen für das Aussprechen zu haben, solltest Du mit einer dritten Person über Deinen Konflikt reden. Diese Person sollte verschwiegen sein. Notfalls bitte um die Zusage, dass nichts weitergesagt wird. Diese dritte Person muss Dir keinen guten Rat erteilen. Sie soll eigentlich nur zuhören.


Das sind nur einige möglichen Hilfen, um sich in einer Krise zu stabilisieren.
Damit ist der Konflikt noch nicht gelöst. Aber die Startbedingungen für die Lösung sind bessere geworden!

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Bildquelle: http://www.sxc.hu/photo/1362892 by mzacha (lizenzfrei)